Kinder haben oft Schicksale mit langen Wegen. Lange Wege bis wieder ein Stück
Behinderung überwunden ist, ein Stück Emigration bewältigt, ein Schatz gefunden ist. Mit dem Viseur können diese Wege körperlich gefunden, gespurt, gegangen werden. Ohne Mühe führt eine gelegte Form zur nächsten, ohne weiteres können Richtungen verändert, Gefahren umgangen und Hilfe gefunden werden. Die Kinder leben den Viseur wie ihr Leben und gewinnen das Gefühl Einfluss nehmen zu können, gestalten zu können. Das beruhigt, gibt Kraft und Zuversicht.
Zuerst entdeckt es «Übereinandergeschichten», Formen aus denen neue Formen
entstehen, die es im Spiel nicht gibt, zum Beispiel Sterne.
Er erzählt der Lehrerin, dass es eine Granate hat die Selbstmord macht – sie explodiert.
Er ist vertieft. Das ist nicht häufig, meistens kann er nicht zuhören, nicht still sitzen.
Aber wenn er mit dem Viseur arbeitet entsteht Ruhe. Eine Wohltat für ihn und seine Umgebung.
Abwechselnd entstehen immer neue Bilder: ein Velo, ein Lastwagen... Fortbewegungsmittel in die hinein er sich selber setzt.
Dabei nimmt er die Viseur Grundformen des soeben hergestellten Vehikels, um das nächste zu gestalten.
Dann beginnt ein Weg. Ein langer Weg.
Er und sein Bruder (2 Kreise) machen eine lange Reise. Er legt eine Form nach der anderen,
geht (legt) einen weiten Bogen mit immer neuen Farben, bis die beiden am Schluss nach Hause kommen.
Zu Hause ist, wo die beiden Kreise aufeinander liegen.
Lange Wege, zu Hause sein, ist für diese Kinder Erfahrung und Tatsache. Sie alle haben lange Wege hinter sich, wurden entwurzelt und neu eingepflanzt in einer Sprache, die ihnen nichts sagt, in einem Klima, das rauh ist, in eine Kultur, in der sie sich nicht heimisch fühlen. Innerer und äusserer permanenter Stress macht ihr Verhalten hektisch. Wenn sie aber mit einem einfachen gestalterischen Mittel ihren Weg nochmals verfolgen können, wenn er mit seinem Bruder zu Hause ankommen kann, glaubt sein Gehirn mit der Zeit, dass das so ist, dass er zu Hause ist.
Mjriam ist ein Mädchen mir einer Behinderung, sie ist autistisch. Sie kann sich nur schwer bewegen, sitzt im Rollstuhl und ist dem Leben ausgeliefert.
So war es wichtig, dass sie durch Maltherapie mit der Zeit lernen würde, selber etwas zu gestalten, um ein minimales Mass an Gestaltung in ihrem Leben zu Verfügung zu haben.
Nur, Mjriam malte nicht. Nur wenn sie geführt wurde, war es ihr möglich, Farbe auf ein Papier aufzutragen, selbständig war ihr diese Erfahrung nicht zugänglich.
Dann wurde ihr der Viseur zur Verfügung gestellt.
Sie wählte 2 Formen aus und legte sie auf einen Grund.
Diese autonome Tat löste die Fähigkeit aus, selber zu gestalten.
Nach dieser Legearbeit wollte sie ein Blatt und malte selbständig,
sie wiederholte die Formen die sie gelegt hatte.
Mjriam hatte grosse Freude und zum ersten mal ein Gefühl von «ich kann das!»